„Die Menschen hinter dem Produkt zählen“
10.11.2021 14:36

Richard Wein ist Geschäftsführer bei nic.at und deren Schwesterfirma ipcom GmbH. Zum zehnjährigen Jubiläum des Anycast Service RcodeZero DNS spricht er über die spannende Anfangszeit des Produkts, große Meilensteine und so manche Herausforderung.

 

An welche Begriffe denken Sie, wenn Sie RcodeZero DNS hören?

Ausfallsicher, stabil und wendig.

 

Warum ist es wichtig, dass der Service wendig ist?

Es gibt zwar das ein oder andere spezielle Feature, die Basis-Technologie der Anycast Service ist aber relativ identisch unter allen Mitbewerbern. Für uns als kleiner Anbieter ist es deshalb im Vergleich zu großen Konzernen wichtig, dass wir unsere Stärken ausspielen. Das heißt: Wir haben eine hohe Umsetzungsgeschwindigkeit bei Kundenanliegen und es gibt Personen hinter dem Produkt, die man kennt. Unsere Kunden müssen in keinem Call Center anrufen und mit fremden Personen über ihr Anliegen sprechen. Das sind Vorteile, die kleine, wendige Anbieter gegenüber den großen Dampfern wie Amazon oder Google haben. Die Kunden haben direkte Ansprechpartner, die Menschen hinter dem Produkt zählen.

 

RcodeZero DNS gibt es seit zehn Jahren. Was war der Antrieb, das Projekt damals anzugehen?

Wir wollten als Vergabestelle von .at, .co.at und .or.at unser Produktportfolio ausbauen und es war spannend, Neuland zu betreten. Mit unserem Anycast Service stehen wir im vollen Wettbewerb mit großen Anbietern. Wir waren einer der ersten Registries, die diesen Service angeboten haben. Die Anlaufphase vor zehn Jahren war nicht einfach. Die Margen waren gering, weil als Neueinsteiger hohe Entwicklungskosten und Investitionen notwendig waren. Im Laufe der Jahre nahmen diese Kosten im Vergleich zum Gesamtumsatz ab, das Produkt wurde rentabler.

 

Hatten Sie Bedenken, wegen der hohen Investitionskosten?

Ich hatte keine Bedenken, aber Respekt vor der Aufgabe, denn viele Themen waren neu für uns. Wir hatten beispielsweise keinen 24/7-Service. Unsere Kunden können sich im Notfall rund um die Uhr an uns wenden, diese Rufbereitschaft mussten wir damals erst organisieren. Ein anderes Thema waren die Rahmenverträge mit unseren Kunden, also die Service Level Agreements. Für große Ausfälle und Störungen übernehmen wir eine Haftung, die mich durchaus schlaflose Nächte gekostet hat. So ein Vorfall würde sich auf den gesamten Unternehmensbereich durchschlagen, das ist auch eine Imagefrage. In den zehn Jahren hatten wir aber nie einen größeren Ausfall zu verzeichnen. Das spricht für unsere gute Arbeit.

 

Haben sich die schlaflosen Nächte gelohnt?

Absolut. Der Anfang war eher ungewiss, aber im Nachhinein hat es sich bewährt, dass wir diesen Schritt gegangen sind und eine Vorreiterrolle eingenommen haben. Die Anycast Technologie ist heute Standard, jede Vergabestelle hat in der Regel drei oder mehr Anycast Anbieter. Auch bei größeren Registraren geht es in diese Richtung. Das war vor zehn Jahren nicht absehbar.

 

Was waren die Meilensteine in den vergangenen zehn Jahren?

Wir haben zwei große Kundengruppen: Registries und Registrare – also Vergabestellen und Provider. Ein Meilenstein war, als sich die großen Top Level Domains (TLD) für uns entschieden haben. Beispielsweise .eu oder .nl. Diese TLDs sind alle deutlich größer als wir. Das ist ein Zeichen, dass man uns vertraut. Wir als Registry wissen, was Registries brauchen. Auch bei den Registraren ist es uns gelungen, große Anbieter für unser Produkt zu gewinnen. Mit IONOS, united-domains AG oder MarkMonitor haben sich große, sehr bekannte Registrare für uns entschieden. Das hat eine Strahlkraft.

 

Und was sind die größten Herausforderungen?

RcodeZero DNS wird ständig weiterentwickelt. Es gibt immer wieder Features, die wir hinzufügen. Es ist eine Herausforderung, auf dem technisch neuesten Stand zu sein. Die Entwicklung schreitet rasant fort. Wir haben es geschafft, ein attraktives Paket zu schnüren, das die Bedürfnisse der Kunden widerspiegelt. Eine weitere Herausforderung ist es, im Konzert der Großen bei den Preisen mitzuspielen. Letztlich ist der Preis aber nicht immer der ausschlaggebende Faktor. Qualität und Vertrauen sind mindestens genauso wichtig.

 

ipcom war mit einem Anycast Service Vorreiter. Wie sieht der Markt aktuell aus?

In Europa gab es früher drei oder vier Registries, die einen Anycast Service angeboten haben. Nun steigen auch vermehrt kommerzielle Anbieter ein, weil der Bedarf nach diesen Produkten wächst. Der Markt ist groß, das Potenzial hoch. Bisher nutzen hauptsächlich Registries und Registrare unser Produkt, diese Kernmärkte wollen wir weiter bedienen und ausbauen. Im Enterprise-Bereich gibt es ebenfalls viel Potenzial, beispielsweise große Banken oder Unternehmen, die unseren Anycast Service nutzen können. Das ist aber nicht das Kerngeschäft der Unternehmen, das Wissen und Produktverständnis ist nicht in der Tiefe vorhanden. Da muss ein Bewusstsein geschaffen werden, das ist eine vertriebliche Herausforderung und bedarf eines hohen Beratungsaufwandes.

 

Das Produkt RcodeZero DNS ist nun zehn Jahre alt. Wie werden die nächsten zehn Jahre aussehen?

Das DNS wird es in zehn Jahren noch geben – eventuell mit kleinen Geschmacksausprägungen, was Security betrifft – damit hat auch unser Service seine Daseinsberechtigung. Die Veränderungsgeschwindigkeit ist hoch: Fragen zur Regulatorik oder Cyber Security werden in zehn Jahren anders beantwortet werden als heute. RcodeZero DNS ist ein wichtiges Element im Produktportfolio, das für uns als Registry nicht mehr wegzudenken ist. Und es wird immer wichtiger. Unser Ziel ist es, 30 Prozent unseres Umsatzes mit anderen Produkten als .at zu erwirtschaften. Damit wollen wir die Abhängigkeit von .at verringern, weg von einer Single Product Company.